Werkstatt 2.0

oder "Hallo Kellerwerkstatt"

Nach dem Umzug Ende 2018 gab es längere Zeit keine Werkstatt, bevor ich für die Fernsehwand (und Catwalk) auf die Schnelle etwas im Keller zusammengestellt habe.
Glücklicherweise ist der Keller hier 20,7 qm groß.

Unglücklicherweise ist es eben ein Keller und mein einziger Lagerraum für alles, was sich eben im Laufe der Zeit so ansammelt. Manches sinnvoll, manches taugt hervorragend als Staubfänger. Nicht zu vergessen ein paar platzverschwendende "Altlasten" wie Holzofen oder große Bandsäge.
Unglücklicherweise² gibt es nur eine uralte Steckdose, die eine Außenwand ist teilweise feucht (also eher keinen Schrank davor stellen), wenig Licht (nur 2 kleine Fenster + alte Neonröhre) - und vor allem wohnen direkt darüber auch noch Menschen. Wobei das direkt darüber in diesem anscheinend aus Pappmaché gebauten Haus keine Rolle spielt, denn in meiner Wohnung kann ich (teils verständlich) die Nachbarn um mich herum reden hören.

Alles in allem keine guten Voraussetzungen für eine Werkstatt. Manches davon lässt sich beheben, aber alleine wegen Lärmbelästigung wird es nie eine "ich bin den ganzen Tag da unten und lasse fröhlich meine 100 dB Abrichte laufen"-Werkstatt werden. Zeitlich begrenzt ist das eine andere Sache.

Nach längerem Überlegen für mich selbst folgendes beschlossen:

  • ich will eine funktionstüchtige Werkstatt. Punkt.
    Aufsperren, loslegen, Zusperren.
  • ich will keine Kompromisse mehr. Naja, alleine Budget erzwingt auch Kompromisse, aber ich habe jetzt einen Plan und der wird umgesetzt. Kein jahrelanges Suchen mehr nach einer uralten (bezahlbaren) Maschine, keine Workarounds, keine Tränenausbrüche bei Gesamtbudget, Werkzeugpreise usw.
  • Punkt 1 und 2 sind nicht mehr verhandelbar, ich ziehe das durch.
  • keine großen Umbauten am Keller selbst (da wirkt das Trauma von der alten Werkstatt noch nach). Eine Steckdose hier und da muss sein, aber keine Holzverkleidung an den Wänden mit French Cleat oä.
  • (logischerweise) angepasst an den Raum, aber möglichst modular. Sollte ich wieder einmal umziehen (und mit Glück wieder einen ähnlich großen Keller haben) sollte der Umzug mit geringst möglichem Aufwand möglich sein. 
    Neueinrichtung der Werkstatt 3.0 inklusive.

Mit der anstrengenden Vorarbeit (Denken -> Entscheiden) im Rücken kommt der einfache Teil - Detailplanung und Umsetzung. Easy peasy.
Glücklicherweise³ waren da meine rudimentären Sketchup* Skills sehr hilfreich. Zuerst habe ich den verfügbaren Platz mit ein paar schnell gezeichneten Quadern verplant, aber dann ist das ein bisschen aus dem Ruder gelaufen und ich habe alles durch möglichst detailtreue Modelle ersetzt.
Ergebnis lässt sich hier kurz im Video bewundern oder als Datei (156 MB) runterladen.


Die theoretische Vorplanung ist also abgeschlossen, fehlt "nur" noch die Umsetzung. Die besteht aus folgenden Punkten, mehr oder minder auch in dieser Reihenfolge:

  • Auf-/Ausräumen
    Nicht mehr verwendete, große Sachen (Bandsäge, Holzofen...) verkaufen, Rest Sperrmüll. Idealerweise sollte sich die allgemeine Lagerfläche auf das große Gormregal beschränken.
    Wenige, größere Sachen wie etwa das Fahrrad werden beim Arbeiten in den Kellergang geschoben.
  • Absaugung
    Staub und Dreck lassen sich in einer Holzwerkstatt nie ganz vermeiden. Trotzdem will ich dafür eine gute Voraussetzung schaffen und im Alltag mehr Disziplin an den Tag legen. Als "zentrale" Absaugung baue ich die von Lets Bastel nach, dafür ist der Plan und alle Teile schon gekauft. Wegen den Maßen (50 b x 50 t x 100 h) passt die leider nicht wirklich dorthin wo der meiste Staub entsteht (Mitte), die kommt an die Wand gegenüber und mit 50er HT Rohr ans Ziel. Blast Gates inklusive.
    Unter der Werkbank wird weiter der Festool CT Mini für Schleifarbeiten und Sägen zum Einsatz kommen.
    Vielleicht später noch einen Vorhang vor das Gormregal, aber 4,66 m x 2,48 m sind eine Menge Stoff.
  • Regale und Schränke
    Aus billigen, weißen Möbelbauplatten 2 Hochschränke zusammenschrauben (nicht leimen), die in die Nähe der Werkbank kommen. Einer mit Regalböden für die (Elektro-)Werkzeuge, einer mit Schubladen für Zeugs und Zubehör.
    Neben die Absaugung kommt eine 2 m Arbeitsfläche für Maschinen, darunter 2 Schränke mit Schubladen.
  • Zwingenregal
    Nicht wirklich ein Regal, eher Wandhalterung. Überlegen welche Zwingen ich habe bzw. noch haben will, Layout festlegen, auf einer Holzplatte anbringen und an die Wand schrauben (oder hier doch French Cleat).
  • Werkbank und Frästisch.
    Meine Ron Paulk Variante mit integrierter Oberfräse ist mir einfach zu sperrig (nicht der einzige Grund) und muss daher weichen. Seit ich das Video von Jonas Winkler gesehen habe denke ich über so einen MFT nach (stabil + winklige Schnitte bei größeren Teilen). Der von Dictum ist utopisch teuer (Hallo Kompromiss), also Eigenbau aus Alu Profilen. 
    Aus den gleichen Alu Profilen wird ein eigenständiger Frästisch entstehen. Verschraubt mit dem MFT habe ich die gleiche Grundfläche wie vorher, aber es lässt sich auch leichter verschieben, anders anordnen oder umziehen.
    Der Frästisch wird Schubladen und Ablagefläche für Fräser und Zubehör darunter bekommen, der MFT eventuell kleine Schubladen für alltägliche Dinge (Messwerkzeug, Bench Dogs...).
  • Luftfilter
    kurz auch hier über Eigenbau nachgedacht, aber bei den (Gebraucht-)Preisen von z.B. einer Record Power AC400 lohnt das nicht wirklich finde ich.
  • Tellerschleifer
    Ebenfalls von Lets Bastel bereits den Plan für den Tellerschleifer gekauft, Umsetzung eher gaaanz am Ende des Umbaus.
  • Band- und Kappsäge, Schiebetisch für die CS70, Abrichte und Dickenhobel sind kein Teil der "keine Kompromisse"-Strategie, sondern nur vorgeplant für die ferne Zukunft. Oder Wunschdenken.

Das war es schon, mein Vorgehen in 4, 5 Sätzen.
Bilder wird es wieder geben, zusammengefasst in einem Album.


* Apropos Sketchup. Der (nicht mehr ganz) neue Besitzer von Sketchup (Danke Google) versucht natürlich Geld zu verdienen. So war Sketchup 2017 die letzte, komplett kostenlos verwendbare Version. Geht in Ordnung, schließlich kann man die immer noch im Internet finden und vollumfänglich benutzen. Aber: mittlerweile haben sie den Zugang zum 3D Warehouse für diese Version blockiert

Alternativ gibt es eine freie Webversion, da ist das weiterhin möglich. Sah zuerst ganz gut aus, aber mit mehreren Modellen aus dem Warehouse war die Performance auf meinem Rechner einfach nur unterirdisch.
Als Workaround lassen sich die Modelle als Collada Datei herunterladen und in Sketchup 2017 wieder importieren. So habe ich schlussendlich gearbeitet.
In Sachen Performance muss man fairerweise sagen, dass die Datei mit 156 MB auch sehr sehr groß ist, trotzdem ging es am Rechner (im Vergleich zum Web) mit 7 Meilen-Stiefel schneller.

Apropos Alternative, Fusion 360 wäre auch eine kostenfreie Möglichkeit. Mit ein paar grundlegenden Anleitungsvideos habe ich dort auch schon erste Schritte gewagt. Aber mir scheint da zum einen die Lernkurve deutlich steiler zu sein und zum anderen macht das bei meinen wenigen, eher einfach gehaltenen Projekten einfach keinen Sinn mehr Zeit  da reinzustecken.
So lange keine Notwendigkeit besteht (Sketchup stirbt komplett oder mir fallen 3D Drucker/CNC in den Schoß) wird das auch so bleiben.